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AutorenbildKarin Labner

VERRÜCKTHEITEN

Ein bisschen verrückt muss man schon sein, um in dieser Welt normal zu bleiben.



Ich erinnere mich, als ich ungefähr neun Jahre alt war. Ich war gerade auf dem Nachhauseweg von der Schule. Da ging ich alleine, die anderen Kinder entweder mit größerem Abstand vor mir oder hinter mir. Ich dachte nach, über mich und diese eigenartige Welt. Darüber ob ich verrückt bin oder diese Welt verrückt ist. Ja, ich machte mir ernsthaft Gedanken darüber, ob es sein könnte, dass ich einfach verrückt bin. Es war ein etwas beängstigender Gedanke, denn wer mag schon verrückt sein. Zumindest damals als Kind wollte ich es nicht. Ich wollte doch einfach nur normal sein, so sein, wie die anderen und wie es von mir erwartet wurde. Aber ich war es eben oft nicht. Das machte mir Angst. Also dachte ich darüber nach, dass ich eventuell verrückt bin und vielleicht sogar einmal in einem Krankenhaus für Verrückte landen werde.


Und während ich so meine Schlüsse zog über meine Verrücktheit, war da plötzlich ein mächtiger Gedanke: „Wenn du wirklich verrückt wärst, dann würdest du wohl kaum darüber nachdenken, ob du verrückt bist. Glaube mir, verrückte Menschen wissen nicht, dass sie verrückt sind. Da du aber darüber nachdenkst und dir darüber bewusst bist, dass du vielleicht verrückt bist, kannst du nicht verrückt sein.“

Das saß und kam an in mir. Ja, das war für mich logisch. Von diesem Moment an fühlte ich mich zwar immer noch fremd in dieser Welt aber ich war beruhigt. Die Angst verrückt zu sein verschwand.


Damals war ich ein Kind. Heute als erwachsene Frau sehe ich das mit dem verrückt sein etwas anders. Ich mag meine Verrücktheit. Ich mag es in den Augen anderer Menschen nicht immer normal zu sein. Es macht mir keine Angst mehr, nicht so zu sein, wie andere es für normal empfinden. Heute weiß ich, ein bisschen verrückt sein ist nötig, damit wieder alles an seinen rechten Platz gerückt werden kann.

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